Mittwoch, 18. Dezember 2013

INDAChs goes DINOSAURIER 3D - Im Reich der Giganten (Teil II)


Hier zwei weitere Kritiken von Animationsfilmschaffenden zum Release von Dinosaurier 3D - Im Reich der Giganten vom Constantin-Verleih. Selbiger hatte INDAC erlaubt, bundesweit Trickfilmer an den Pressevorführungen des Films teilnehmen zu lassen, im Gegenzug durften diese dann den Film bewerten:

 

Kritik von Alex Espigares

 Alex Espigares kommt aus Luxemburg und arbeitet seit 13 Jahren international als Animator. Er hat in den letzten Jahren unter anderem an Tarzan 3D, Iron man 3, Happy Feet 2 und der Serie Star Wars - The Clone Wars mitgewirkt. Er ist auch Co-Regisseur von "Mr Hublot", einem animierten Kurzfilm der es auf die 2013er Oscar shortlist geschafft hat. Zur Zeit wohnt er in München wo er als Freelancer arbeitet.
Website von Mr. Hublot
 
Soweit ich mich zurückerinnern kann haben mich Dinosaurier fasziniert. Mit 6 konnte ich sämtliche Riesenechsen aus meinen Büchern beim Namen nennen und als Fan der 1999 erschienenen Doku "Walking with Dinosaurs" hatte ich hohe Erwartungen an "Dinosaurier 3D", der unter seinem englischen Titel, "Walking with Dinosaurs 3D", ganz klar versucht an seine TV Vorlage anzuknüpfen.

"Dinosaurier 3D" hat ein grosses Problem,... Nein, es sind mehrere Probleme, die aber alle vom gleichen Grundgedanken geprägt sind: Den Wunsch jede mögliche Ziel- und Altersgruppe ins Kino zu locken!
"Dinosaurier 3D" ist ein Film der sich sucht und ständig zwischen klassischer Erzählung, Tierdoku und Komödie hin- und herschwankt. Die pädagogisch-wissentschaftlichen Einlagen wirken aufgesetzt: Zu wenige, um ihren pädagogischen Zweck erfüllen zu können, zu viele wenn man als Zuschauer ungestört die Geschichte des kleinen Dinosauriers verfolgen möchte. Ein Patchwork von Genres und Erzählweisen die verzweifelt den kleinsten gemeinsamen Publikumsnenner suchen und sich dabei gegenseitig im Wege stehn.

Meine Hauptkritik gilt allerdings den "Synchronstimmen". Anders als bei der TV Version von "Walking with Dinosaurs" reden in "Dinosaurier 3D" die Tiere. Oder besser gesagt: Die Stimme der Sprecher interpretiert die tierischen Laute und Gedanken. Leider erweist sich das Voice-over als ein nicht enden wollendes Geplapper das den Film ab der ersten Minute völlig ungenießbar macht. Die Sprecher scheinen völlig auf sich selbst gestellt gewesen zu sein. Die Dialoge wirken improvisiert, die Witze gezwungen und so ertrinken schöne Landschaftsaufnahmen und super animierte Dinos langsam in der Wörterflut.
Als Gegenbeispiel braucht man sich nur die beiden Gags mit den drei Flugsauriern im Film anzusehn. Es wird kein einziges Wort gesprochen und das Timing macht die ganze Arbeit. Die Gags funktionieren prächtig.

Der Soundtrack ist auch stellenweise völlig fehl am Platz. Grandiose Landschaftsaufnahmen werden statt mit epischer Orchesternusik mit Popmusik vom Fliessband untermalt.

Dazu kommt noch eine eher ueberflüssige Rahmenhandlung mit Schauspielern die eigentlich als Bindeglied zwischen Gegenwart und Dinosaurierzeit dienen soll. Karl Urban ist so ganze 4 bis 5 Minuten als Paläonthologe zu sehen und versucht zwei mehr oder weniger begeisterte Teenager mit Hilfe eines fossilen Dinosaurierzahns für seine Arbeit zu begeistern.

Fazit: Ein paar fehlgeleitete künstlerische Entscheidungen nehmen diesem insgesamt schönen und technisch gelungenen Film leider jeden Wind aus den Segeln.
Jurassic Park bleibt weiterhin Alleinherrscher in der wunderbaren Welt der Dinosaurierfilme.

 

Kritik von Christian Schlierkamp

Christian Schlierkamp lebt und arbeitet als Illustrator und Animator in Berlin.
Mit über 15 jähriger Berufserfahrung und der Mitwirkung an 10 abendfüllenden Zeichentrickspielfilmen (u.a. Lauras Stern, Der kleine Eisbär, Asterix und die Wikinger) liegt sein heutiger Schwerpunkt auf konzeptionellen Illustrationen mit dem Fokus auf imaginativen Realismus und Paleokunst. 
Christian Schlierkamps Blog:  Alleszeichnen

Seit ich als Kind in die Bilderwelten von Zdenek Burian abgetaucht bin, die Dinosauriergeschichten von Ray Bradbury verschlungen und die große Dinowelle um den ersten Jurassic Park Film und James Gurneys Dinotopia Anfang der neunziger Jahre voll mitgenommen habe warte ich auf ihn: den großen ernstzunehmenden Dokumentarfilm über Dinos, der uns vergessen läßt, das wir auf computergenerierte Kreaturen blicken und uns ein Fenster in eine andere Zeit öffnet.

Mit der Serie „Walking with dinosaurs“ hat die BBC seinerzeit bahnbrechende Schritte in diese Richtung unternommen. Gelingt ihr mit „Dinosaurier 3D – im Reich der Giganten“ der Durchbruch?

Zunächst muss man sagen, dass der Film absolut atemberaubende Szenarien enthält die in der Tat vergessen lassen könnten, das man auf künstlich generierte Bilder schaut: sowohl animatorisch als auch bzgl Recherche des arktischen Ökosystems vor 70 Millionen Jahren wird hier ein glaubhaftes Bild einer vergessenen Welt geschaffen, die man in dieser technischen Perfektion so noch nicht gesehen hat.

Genau aus dieser tricktechnischen Perfektion heraus entsteht denn auch m.E.'s der Bruch, der den Film als einen etwas unbeholfenen Hybriden aus klassischem Abenteuerfilm mit typischer Heldenreise („heroe's journey“) à la „Bambi“, Naturfilm und Blödelkomödie (mit Otto Waalkes als ständig kommentierenden Sprecher) ziemlich unentschlossen zwischen Hollywood Kino und Dokumentation allein im borealen Nadelwald der Kreidezeit stehen läßt.

Was mich hierbei am meisten gestört hat ist der ständig präsente Kommentar, der andauernd das Geschehen bewertend und auf „modern“, „cool“ und (einigermaßen zwanghaft) lustig gebürstet jede aufkommende atmosphärische Dichte von Grund auf wieder zerstört.
Mir erscheint es beinahe so, als sei die Entscheidung den Film durchgehend vom Urvogel Alex (Otto Waalkes) im Dialog mit den Hauptdarstellern, den Pachyrhinosauriern Patchi (in der deutschen Version gesprochen von Patrick Roche) und Juniper (Marie-Christin Morgenstern) kommentieren zu lassen eine spätere Entscheidung war, um die Wirkung der sehr naturalistischen Bilder für das angepeilte junge Zielpublikum wieder abzumildern. Dies geht einher mit allerlei pointierenden Musikeinsätzen (Stichwort „micky mousing“), die mich ziemlich genervt haben.

Hätte man die Tonspur zurückhaltender behandelt, allein durch einen einzelnen (seriösen) Kommentator und ohne die Saurier selbst sprechen zu lassen hätte der Film um ein Vielfaches gewonnen.
Das dies insbesondere bei Naturfilmen einwandfrei (und auch für ein junges Publikum) funktioniert konnte die BBC bereits bei der Serie „Planet-Earth“ unter Beweis stellen.

Ein zweiter Punkt ist für mich die Animation. Hier finde ich zwei Punkte wichtig zu unterscheiden: zum einen ist eine schier unglaubliche Leistung gelungen die Dinos glaubhaft und naturnah zu animieren. Die Bewegungsabläufe und das Muskelspiel, die Haptik von Federn und Haut sind absolut beeindruckend.
Umso störender und damit in Widerspruch stehend empfand ich hingegen das stark vermenschlichte Verhalten der Dinosaurier im Umgang miteinander, seien es das Geturtel von Patchi und Juniper oder das übertrieben dramatisierte Drohgehabe, begleitet vom Brüllen mit bis vor Anstrengung zitterndem Unterkiefer und wütendem Stampfen, sowohl bei Pflanzen- als auch bei Fleischfressern.
Hier sind die Macher in einen Klischee behafteten Duktus zurückgefallen bzgl des potenziellen Verhaltens von Dinosauriern, der an anderen Stellen des Filmes bereits erfolgreich überwunden worden war und bei mir auf ziemliches Unverständnis traf.
Schaut man sich Jagd- und Kampfszenen in der Natur an dann fehlt eben häufig das dramatisierende Wrestling-Element, auf das hier doch leider wieder nicht verzichtet werden konnte.
Weniger wäre auch hier mehr gewesen.

Als Fazit läßt sich sagen, dass der Film dadurch das er erzählerisch unentschlossen zwischen Unterhaltungsfilm und Naturdoku hin- und her-schwankt und sich für keines der beiden Genres so recht entscheiden mag viel an Potenzial wieder einbüßt.
Auch jungen Zuschauern kann man m.E.'s ein gut Maß an ernstgemeinter Doku zumuten und muß nicht zwangsläufig durch peer group Gehabe und „locker“ flapsige Dialoge bei der Stange gehalten werden.
Schade, denn der Film hätte durchaus das Potenzial haben können zu einem Spaß für die gesamte Familie zu werden.

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