Donnerstag, 4. Dezember 2014

Paddington - ab jetzt im Kino

Filmkritik von Johannes Wolters
Ein kleiner, einsamer Teddy Bär in einem Andenkengeschäft unweit des Bahnhofs Paddington soll Autor Michael Bond in der Weihnachtszeit 1956 den Anstoß gegeben haben zu einer der liebenswürdigsten Figuren der Kinderbuchliteratur.  Die Abenteuer von Paddington Bär gehören seitdem wie die von Pu dem Bären oder Mary Poppins zur Pflichtvorleselektüre einer jeden Kindheit.
Familie Brown findet abends einen kleinen, sprechenden, reichlich hilflosen Bären auf dem Londoner Bahnhof Paddington. Der Bär trägt ein Schild um den Hals mit der Aufschrift „Bitte passen Sie auf diesen Bären auf Danke.“ Die Familie nimmt sich seiner an, ein wenig gegen den Willen von Mr. Brown, der nur Unannehmlichkeiten auf sich zu kommen sieht. Doch der kleine, liebenswerte Bär, der schon bald auf den Namen Paddington getauft und aus dem dunkelsten Peru stammt und einen Faible für Orangenmarmelade hegt, wird bald ein Teil der sympathischen Familie. Als eine böse Tierpräparatorin vom Naturhistorischen Museum versucht, Paddington zum ausgestopften Mitglied der Sammlung zu machen, müssen die Browns alles tun, um ihr neues Familienmitglied zu retten.
Einen solchen liebenswerten Lesestoff für die Leinwand zu adaptieren hätte ziemlich schiefgehen können, dem Autor und Regisseur Paul King ist dagegen schlichtweg ein wunderbarer Weihnachtsklassiker geglückt.
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King stützte sich dabei auf die Hilfe der Produzenten von Harry Potter und der Trickeffekt-Künstler von Gravity, versammelte ein phänomenales Ensemble von Darstellern, aus denen Hugh Bonneville, Nicole Kidman und  Julie Walters herausragen und fand in Ben Wishaw (der neue Q bei James Bond) die passende Bärenstimme, die übrigens in der deutschen Fassung hochsympathisch von Elyas M´Barek gesprochen wird. So entstanden grandiose Momente voller Filmmagie:
Das zauberhafte Puppenhaus auf dem Dachboden, dass uns einen wunderbaren Überblick über die Familie Brown erlaubt. Der gemalte Kirschbaum im Treppenhaus, der sich über alle Etagen erstreckt und dessen Blütenzustand die Stimmung im Haus andeutet. Und da ist Jim Broadbents fantastische Szene im gemütlichen Antiquariat, die an die Kindertransporte in den dreißiger Jahren gemahnt, die zehntausend  Minderjährige vor den Nazis rettete. Hier gewinnt die Geschichte eine weitere, wichtige Note, denn selten punktgenau erscheint dieser Film als eine Antwort auf die kürzlich gehaltene Rede des derzeitigen britischen Premiers David Cameron zum Thema Einwanderungsbegrenzung und der allgemeinen Haltung gegenüber Asylanten. Es könnte gut sein, daß ein via Rettungsboot eingereister kleiner Bär viele Engländer für dieses Thema mehr sensibilisieren wird, als der Versuch Camerons, seiner Partei ein populistisches Profil zu geben.

The Weinstein Company animated GIF
Und allein schon wegen einer einzigen, berührenden Idee ist dieser Film sehenswert: Wenn Paddington im strömenden Regen am Tor vor dem Buckingham-Palast für einen Moment Unterschlupf bei einem königlichen Gardisten findet und dabei endlich das Geheimnis gelüftet wird, warum diese große Bärenfellmützen tragen! Hinreißend! Deshalb auch unbedingt ein Taschentuch mitnehmen, man wird es brauchen für die Lachtränen und diese kleinen, so selten gewordenen Momente der Rührung, die diesen Film über einen kleinen, einsamen Bären so groß machen!

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